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Compliance –

10.1.2025

Haftung für Open-Source-Software auf Basis der GPL

Der Einsatz von Open-Source-Software hat sich bei der Softwareentwicklung als Standard etabliert. Viele Entwickler und Agenturen nutzen diese kostenlosen Komponenten, um sie zu modifizieren, zu erweitern oder mit ihrer eigenen Software zu kombinieren.

Die rechtlichen Herausforderungen, die sich durch die Verwendung von Open Source ergeben, sind jedoch oft nicht im Bewusstsein der Beteiligten. Besonders bei Open-Source-Software, die unter der General Public License (GPL) steht, ergeben sich wesentliche rechtliche Pflichten und Risiken.

1. Die GPL und ihre wichtigsten Regelungen

Die GPL ist eine weit verbreitete Open-Source-Lizenz, die in mehreren Versionen vorliegt – aktuell ist die GPLv3. Sie erlaubt Entwicklern die kostenlose Nutzung, Bearbeitung und Verbreitung von Software, enthält jedoch klare nutzungsrechtliche Vorgaben, die zwingend einzuhalten sind.

Ein zentraler Punkt der GPL ist der Copyleft-Effekt. Dieser Effekt sorgt dafür, dass nicht nur die ursprüngliche Open-Source-Komponente, sondern auch die darauf basierende oder verbundene Software nur unter den Bedingungen der der GPL weiter vertrieben werden darf. Das bedeutet:

  • Es dürfen keine Lizenzgebühren für die Software selbst verlangt werden. Zulässig sind jedoch Entgelte für Vertrieb, Wartung, Pflege oder Mietgebühren.
  • Der Quellcode der gesamten Software, die auf der GPL-basierten Komponente aufbaut, muss offengelegt werden.
  • Der Nutzer darf nicht an der kommerziellen Nutzung, Weiterentwicklung oder Modifikation der Software gehindert werden.

2. Gewährleistung und Haftung in der GPL – und ihre Grenzen

Die GPLv3 schließt die Gewährleistung und Haftung weitgehend aus:

  • Nr. 15: Gewährleistungsausschluss
    „Es besteht keinerlei Gewährleistung für das Programm, soweit dies gesetzlich zulässig ist. […] Das volle Risiko bezüglich Qualität und Leistungsfähigkeit des Programms liegt bei Ihnen.“
  • Nr. 16: Haftungsbegrenzung
    „In keinem Fall […] ist irgendein Urheberrechtsinhaber oder irgendein Dritter […] Ihnen gegenüber für irgendwelche Schäden haftbar.“

Allerdings dürften diese Klauseln gegen deutsches AGB-Recht verstoßen. Nach der sogenannten Klauselkontrolle des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 305 ff. BGB) sind vollständige Gewährleistungs- und Haftungsausschlüsse selbst im Bereich B2B unzulässig, wenn sie in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Vertrages auftauchen. Entsprechende Klauseln gelten somit als unwirksam.

3. Haftung bei kostenloser oder entgeltlicher Software

Bei der rechtlichen Beurteilung, ober der Anbieter für Mängel haftet, kommt es entscheidend darauf an, ob die Software kostenlos oder entgeltlich vertrieben wird:

  • Kostenloser Vertrieb (Schenkungsvertrag):
    Wird die Software vollständig kostenlos zur Verfügung gestellt, gelten die Regeln des Schenkungsrechts nach §§ 521, 523, 524 BGB. Der Entwickler haftet in diesem Fall nur, wenn er einen Mangel arglistig verschweigt. Dies schützt den Entwickler weitgehend vor Haftungsansprüchen.
  • Entgeltlicher Vertrieb:
    Sobald der Entwickler im Zusammenhang mit der Software Vergütungen, Verkaufsentgelte, Wartungs- oder Pflegegebühren verlangt, handelt es sich um ein entgeltliches Geschäft. In diesem Fall greifen die gesetzlichen Regelungen zur Gewährleistung und Haftung aus dem Kaufrecht (§§ 434 ff. BGB) oder Werkvertragsrecht (§§ 634 ff. BGB). Der Entwickler trägt hier grundsätzlich eine nahezu unbeschränkte Gewährleistungspflicht und kann für Mängel oder Schäden haftbar gemacht werden.

4. Strategien zur Haftungsbegrenzung

Um die Haftung im Umgang mit Open-Source-Software zu minimieren, sind folgende Maßnahmen empfehlenswert:

  1. Individuelle Vereinbarungen: Die gesetzliche Haftung kann durch individuell ausgehandelte Haftungs- und Gewährleistungsverzichte beschränkt werden. Solche Vereinbarungen sollten explizit schriftlich fixiert werden und den Anforderungen der Klauselkontrolle (kein Ausschluss von grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz usw.) standhalten.
  1. Transparente Aufklärung: Entwickler sollten ihre Kunden frühzeitig darüber informieren, dass und welche Open-Source-Komponenten wo eingesetzt werden und welche Lizenzpflichten (wie der Copyleft-Effekt oder die Offenlegung des Quellcodes) damit verbunden sind.
  1. Saubere Lizenzprüfung: Vor der Verwendung von Open-Source-Software sollte der Lizenztext sorgfältig geprüft werden. Unternehmen sollten zudem sicherstellen, dass ihre Software nicht unbeabsichtigt durch Open-Source-Komponenten infiziert wird, was zur Offenlegungspflicht des gesamten Codes führen könnte.
  1. Trennung von Softwareteilen: Um den Copyleft-Effekt zu vermeiden, kann die Open-Source-Komponente technisch und rechtlich getrennt von proprietären Softwareteilen vertrieben werden. Eine klare Trennung reduziert das Risiko, dass die GPL auf die gesamte Software übergreift.

Fazit

Der Einsatz von Open-Source-Software bietet viele Vorteile, birgt jedoch erhebliche rechtliche Risiken. Insbesondere die GPL setzt strenge Anforderungen, wie die Offenlegung des Quellcodes und die Einschränkung bei der Lizenzierung. Haftungs- und Gewährleistungsausschlüsse, die in der GPL vorgesehen sind, halten einer Überprüfung nach deutschem Recht nicht stand.

Entwickler und Unternehmen sollten daher die rechtlichen Rahmenbedingungen im Umgang mit Open Source genau kennen und vertraglich absichern. Durch transparente Kommunikation, individuelle Haftungsvereinbarungen und eine saubere Lizenzstrategie lassen sich viele Risiken minimieren – und böse Überraschungen im Nachhinein vermeiden.

Autor: Rechtsanwalt Christoph Möx

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