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IT-Verträge –

5.1.2025

Agile IT-Projekte – Rechtssichere Vertragsgestaltung

In einer Zeit, in der IT-Projekte immer komplexer werden und agile Methoden mehr und mehr die klassische Projektstruktur ablösen, entstehen neue Herausforderungen in der Vertragsgestaltung. Agile Projekte bieten Flexibilität und höhere Effizienz, jedoch auch Unsicherheiten, die für Auftraggeber und Auftragnehmer gleichermaßen Risiken bergen.

In diesem Beitrag fassen wir die wichtigsten Aspekte zum Thema zusammen und geben praxisnahe Einblicke, wie Verträge im agilen Umfeld rechtssicher gestaltet werden können.

1. IT-Projekte und die Bedeutung von Verträgen

Ein häufiger Ausgangspunkt für IT-Projekte ist, dass der Auftraggeber nur eine grobe Vorstellung des Ziels hat, jedoch möglichst schnell starten möchte. Gleichzeitig fordert er Verbindlichkeit in Bezug auf Budget und Fertigstellung. Auf der anderen Seite steht der Auftragnehmer, der ohne detaillierte Leistungsbeschreibung kaum ein verbindliches Angebot abgeben kann.

Typische Reaktionen wie, „Das läuft schon, die Kosten können wir uns sparen“ oder „Wir fangen einfach an und kümmern uns später um den Vertrag“, führen jedoch häufig zu Konflikten im Projektverlauf. Es gibt Streit über Verantwortlichkeiten bei Verzögerungen und der Frage wer diese verschuldet hat, man diskutiert über Mängel oder zusätzliche Aufwände und schließlich besteht Klärungsbedarf bei Nutzungsrechten.

Die frühzeitige Verhandlung eines Projektvertrags kann hier Konflikte aufdecken und im Vorfeld durch Kompromisse entschärfen.

2. Klassische IT-Projekt

Das klassische IT-Projekt ist zumeist planungsintensiv und starr in den Abläufen. Es folgt häufig der sog. Wasserfallmethode, bei der die Projektphasen nacheinander durchlaufen werden:

  1. Konzeption
  1. Design
  1. Umsetzung
  1. Rollout
  1. Support

Ein Zurück auf eine vorherige Stufe ich nicht möglich bzw. nur, wenn der Kunde die Aufwände der Änderung einer bereits abgenommenen Stufe übernimmt.

Vorteile:

  • Hohe Planungssicherheit durch feste Anforderungen
  • Klare Abnahmeprozesse

Nachteile:

  • Geringe Flexibilität bei neuen Anforderungen
  • Hoher Aufwand in der Konzeption

Ein klassisches Projekt wird meist als Werkvertrag nach §§ 631 ff. BGB gestaltet. Der Erfolg der Leistung ist hier vertraglich geschuldet, was in der Praxis oft zu komplexen Change-Request-Prozessen führt, wenn im Verlaufe der Leistungserbringung Änderungen vorgenommen werden.

3. Das agile IT-Projekt: Flexibel, aber risikoreich

Agile Projekte setzen auf iterative Entwicklungsmethoden wie SCRUM, bei denen das Produkt in kleinen, überschaubaren Schritten entsteht. Typisch sind:

  • Tägliche Scrum-Meetings mit kurzen Status-Updates;
  • Iterative Sprints von 2–4 Wochen;
  • Retrospektiven, um Verbesserungen kontinuierlich zu integrieren.

Vorteile:

  • Auftraggeber bleibt flexibel und kontrolliert die Entwicklung (Product Owner)
  • Schnelle Anpassung an neue Anforderungen

Nachteile:

  • Weniger Planungssicherheit für Budget und Fertigstellung
  • Höhere Anforderungen an die Mitwirkung des Auftraggebers

4. Herausforderungen in der Vertragsgestaltung

Die zentrale Herausforderung besteht darin, die Vorteile von klassischen und agilen Projekten zu kombinieren, ohne die Nachteile zu übernehmen. Ein schlecht gestalteter Vertrag kann im agilen Umfeld zu erheblichen Problemen führen, beispielsweise zu unklaren Rollenverteilungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, fehlenden Abnahmeprozessen, die die spätere Geltendmachung von  Gewährleistungsansprüche erschweren oder Streitigkeiten über den Aufwand bei Änderungen (Change-Management).

5. Lösungsansätze für agile Projektverträge

Jede der möglichen Lösungen bringt Vor- und Nachteile mit sich und die individuelle Wahl hängt davon ab, wo Auftraggeber und Auftragnehmer den jeweiligen Schwerpunkt legen.  

Agile Entwicklung als Dienstvertrag

Hier ist das Ziel, „das Werk“ nicht im Voraus klar festgelegt. Dies bringt einerseits eine hohe Flexibilität für den Auftragnehmer und den Auftraggeber mit sich und es kann schnell gestartet werden, aber der Nachteil für den Auftraggeber ist das Fehlen von Abnahmeregelungen sowie von Gewährleistungs- und Haftungsregelungen.  

Split in Konzeptions- und Projektphase (Werkvertrag)

Ein Lösungsansatz kann der Split der Projektabwicklung in zwei Phasen sein. In Phase 1 wir ein „agiles Pflichtenheft“ erstellt mit User Stories, Spezifikationen usw. Phase 2 dient der Umsetzung auf der Basis eines agilen Festpreises und eines Zeitplanes, die Umsetzung selbst erfolgt nach agilen Methoden. Der Vorteil dieser Lösung sind mehr Planungssicherheit, der Nachteil allerdings niedrigere Flexibilität bei der Umsetzung, da hier nur über Change Request vom Pflichtenheft abgewichen werden kann.

Rahmenvertrag mit Iterationen als Werkverträge

Bei dieser Option schließlich wird die Projektsteuerung in einem Rahmenvertrag geregelt, die Umsetzung des Projekts selbst erfolgt in einzelnen Sprints oder Iterationen, die als „kleine“, eigene Werkverträge behandelt werden. Der Vorteil hier liegt in der höheren Rechtssicherheit, der Nachteil besteht aber in der Verzögerung der Entwicklung durch die Teilabnahmen nach jeder Iteration.  

6. Was muss ein agiler Vertrag zwingend regeln?

Ein gut durchdachter Vertrag für agile IT-Projekte sollte die folgenden Punkte berücksichtigen:

  1. Vergütung: Festpreis vs. Time & Material (T&M)
  1. Leistungsbeschreibung: Agil vs. klassisch, Dokumentationsumfang
  1. Nutzungsrechte: Exklusivität, Quellcode, Bearbeitungsrechte
  1. Termine: Milestones, verbindliche Fertigstellung
  1. Gewährleistung und Haftung
  1. Projektmanagement: Rollenverteilung (Product Owner, Scrum Master)
  1. Change-Management: Flexible Änderungsprozesse
  1. Abnahmen: Teilabnahmen vs. Gesamtabnahme

Fazit: Rechtssicher durch kluge Vertragsgestaltung

Agile IT-Projekte bieten immense Vorteile in der modernen Softwareentwicklung, bergen jedoch auch Herausforderungen, die durch klare vertragliche Regelungen minimiert werden können. Die Wahl des richtigen Vertragsmodells – sei es Dienstvertrag, Werkvertrag oder eine hybride Lösung – hängt von den spezifischen Anforderungen des Projekts ab.

Durch eine frühzeitige und praxisnahe Vertragsgestaltung können Konflikte vermieden, Risiken minimiert und agile Projekte erfolgreich umgesetzt werden.

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 Sabine Heukrodt-Bauer, LL.M.

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 Florian Decker

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